Sunday, November 26, 2006

andacht

oder: Gemeinplätze für sonntägliches sinnieren.

Es gibt Dinge, die ich gedanklich nicht nachvollziehen kann. Religion zum Beispiel. Areligiös erzogen, entzieht sich mir das Verständnis für das, was man gemeinhin Spiritualität nennt. Ich verstehe es einfach nicht. Gut, auch ich habe *Glaubensgrundsätze*, ich favorisiere das *Meaning* gegenüber dem *Word*, ich glaube daran, das Alles relativ ist, ich glaube, eine andere Welt ist möglich, da denkbar (nicht im Antiimp-Jargon gemeint) - in Zeiten der prosperierenden Restauration, der Herrschaft des Orthodoxen und dem *Kampf der Kulturen* (der S. Huntington wird hierbei für etwas missbraucht, was er so nie geäussert hat, btw. (muss man noch darauf hinweisen, dass Civilizations nicht das deutsche meaning von Kultur sondern das von Zivilisation meint, was ich nachfolgend als *große Kulturen* bezeichne?), keine einfache Sache, werden doch Religionen heute als etwas gehandelt, auf das es zu beziehen sich gilt. ( - Alberne grammatikalische Konstruktion, ich weiss. - )

Die, die wir heute Weltreligionen nennen entstanden historisch beim Übergang von der Subsistenzwirtschaft zu einer Wirtschaftsweise, in der die Überschüsse der Nahrungsmittelproduzenten so groß wurden, das sich signifikante Klassengegensätze herausbilden konnten. Man findet solche Art Religionen in allen sog. Kulturen - und das ist ein entscheidender Punkt, erst durch die Freisetzung von Arbeitskraft, die der unmittelbaren (kulturelle ist in diesem Sinne mittelbare) Reproduktion dient, wird so etwas möglich, was wir heute gemeinhin unter Kultur verstehen. Das dabei, so wie die ganze Sache heute (und damals) geregelt ist ein großer Teil der Leute zu den Gearschten gehört, führte über frühe Egalitarismusprojekte zum Kommunismus (auch Marx war Materialist, er wurde nicht erleuchtet, sondern entwickelte vorhandenes weiter). Darum finden sich im Urchristentum Elemente, die aus heutiger Sicht durchaus progressiv sind, progressiver jedenfalls als irgendwelche Tempelreligionen - wobei über subversive Elemente in untergegangenen (*großen*) Kulturen ja kaum Fakten vorliegen, man aber davon ausgehen kann, dass es sie gab. Das die Bibel so gesehen ein (Kritik an der sich formierenden Gesellschaftsform formulierendes?) Buch voller Metaphern ist, bedarf eigentlich keiner Erklärung. Dies soll jetzt nicht Naturreligionen diffamieren, die sind mir sogar sympathischer, die Sonne als Quelle des Lebens zu betrachten spiegelt ein realistisches Weltbild, btw.

Dieser Bruch zwischen Produzenten und Bevorteilten der Wirtschaftsordnung, der wohl nichts grundsätzlich Neues war (hier ein Traktat über Macht und Herrschaft einfügen, Machiavelli vielleicht), aber doch eine neue Qualität darstellte, wird seitdem permanent modernisiert. Waren für Marx und Engels noch die Sklaven gegenüber den Lohnarbeitern die Privilegierteren (da der *Herr* das Überleben zu sichern hatte, was bei Unvernutzbarkeit den Wiederverkaufswert erhöhte), beziehen aktuell die Gewerkschaften für die Lohnarbeit und gegen das sich noch viel freier fühlen dürfende Prekariat Stellung.

So weit, so schlecht. Den Satz, *Muss ja*, den man jedem Lohnarbeiter nach zwei Minuten entlocken kann, nehm ich als Moment der Reflexion, der Selbstobjektivierung - ob sich dem die Frage, *Warum eigentlich?* anschliesst, sei dahingestellt...


np: radiohead - creep

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