opium fürs volk
oder: Initiationsritual
Nachfolgend das von einem Zeitzeugen kommentierte (alle Kommentare in Klammern und kursiv (k) )Vorwort aus *Vom Sinn Unseres Lebens*,Zentraler Ausschuß für Jugendweihe in der Deutschen Demokratischen Republik (Hrg.), Verlag Neues Leben, Berlin 1983. Um uns dem Vorwurf des tendenziösen zitierens zu entziehen, haben wir den gesamten Text kopiert.
:::Anfang:::
Liebe junge Freunde!
Zur Jugendweihe spreche ich Euch und Euren Eltern die herzlichsten Glückwünsche aus. Dieser festliche Tag ist einmalig und nicht wiederholbar. Er wird Euch sicher unvergessen bleiben.
Mit der Jugendweihe setzen wir in der Deutschen Demokratischen Republik eine schöne Tradition der revolutionären deutschen Arbeiterbewegung fort. Ende des 19. Jahrhunderts fanden in wichtigen Zentren der revolutionären Arbeiterbewegung die ersten Jugendweihen und proletatischen Schulentlassungen statt. Zu denen, die sie als junge Menschen erlebten, gehörte der hervorragende Führer der deutschen Arbeiterklasse, Ernst Thälmann.
(Man beachte hier die ständige Wiederholung von Schlüsselwörtern.)
Noch hinter Zuchthausgittern des Faschismus erinnerte er sich an die eindrucksvollen Stunden des Jahres 1900 in Hamburg: "Der große Saal war brechend voll. Ich staunte, und ich war begeistert. Alles nur Jugendliche von meinem Alter. Was für eine Masse, welches Feuer, welches Temperament, welche Begeisterung ... Der Gesang der Tausende, welch eine Wirkung, welch eine Freude ... Dann kam für mich das große Erlebnis. Der Redner des Tages erscheint ..., spricht von der Bedeutung der vor uns liegenden Jugendjahre ..., Euer Leben beginnt ernster zu werden, einzeln seid ihr nichts, geschlossen und vereint seid ihr alles! ... Werdet Mitstreiter und Mitkämpfer für Wahrheit und Recht, für die heilige Sache des Sozialismus!"
(War Thälmann bei einer von Riefenstahl choreografierten Hitlerrede? Haben die planenden Deppen uns 1984 immer noch für genauso propagandaanfällig gehalten, wie sie selbst einst waren? Bemerkenswert auch, das die kirchenfeindlichen Puritaner die *heilige Sache des Sozialismus* nicht wegzensieren liessen, gut, die allgemein verbindliche Jugendweihe sollte einen Ersatz für christliche Kommunion darstellen, mensch braucht halt Rituale.)
Heute feiert mit Euch unser ganzes Volk den Eintritt in die Welt und die Verantwortung der Erwachsenen, umgibt es Euch mit jener Aufmerksamkeit und Fürsorge, die unserer Gesellschaft wesenseigen sind. (Stasi?) Das Leben, das Euch erwartet, unterscheidet sich nicht grundlegend vom bisherigen, wird jedoch, sicher nicht von heute auf morgen, neue Freuden, neuartige Aufgaben und Probleme mit sich bringen.
(Sollte das jetzt Hoffnung vermittelnd oder Warnung sein?)
Unser Volk weiß es hoch zu würdigen, daß Ihr Euch in eurem Gelöbnis (*ja, das glooben wir*) verpflichtet, getreu der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik für die große und edle Sache des Sozialismus zu arbeiten und zu kämpfen, das revolutionäre Erbe unseres Volkes in Ehren zu halten, die Freundschaft zur Sowjetunion zu pflegen und die hart erkämpften Errungenschaften gegen jeden imperialistischen Angriff zu verteidigen.
Es ist ein großes Glück, daß Ihr im Frieden geboren und aufgewachsen seid. Krise und Krieg, Not, Hunger und Verwüstungen mußtet Ihr nicht am eigenen Leib verspüren. Aber noch sind die drohenden Wolken der Kriegsgefahr nicht verschwunden, ist der weltweite Kampf um den Frieden nicht bis zu Ende ausgefochten. Er braucht den Einsatz jedes einzelnen.
Ihr habt gelobt, nach hoher Bildung und Kultur zu streben, Meister Eures Faches zu werden, unentwegt zu lernen und all euer Wissen und Können für die Verwirklichung unserer großen humanistischen Ideale einzusetzen. Ihr könnt es in der Gewissheit tun, daß unser Land Euch dazu alle Möglichkeiten bietet. (Wie dem Wolf Biermann, z.B.) Von jedem sollten sie klug genutzt werden. (Aufforderung zum Appeasement?) Eine erste große Bewährungsprobe liegt in den nächsten Jahren vor Euch: der erfolgreiche Abschluß der zehnklassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule.
Anforderungen an die eigene Persönlichkeit sind mit dem Versprechen verbunden, stets kameradschaftlich zusammenzuarbeiten, Euch gegenseitig zu achten und zu helfen, das persönliche Glück immer mit dem Kampf um das Glück des Volkes zu verbinden, Eure Eltern und Lehrer, die Freunde der Freien Deutschen Jugend und die Paten aus den Betrieben werden Euch dabei mit Rat und Tat zur Seite stehen. Von den Erfahrungen, die sie an Euch weitergeben, legen wir Euch vor allem eine ans Herz: Fleiß und Wissen, nützliche Tat und Opferbereitschaft sowie unwandelbare Treue zum Sozialismus haben unser Land vorwärtsgebracht und werden es auch in Zukunft weiter voranbringen.
(Ersetzt man *zum Sozialismus* mit *zu Deutschland* findet man sich in der derzeit angesagten Standortdebatte.)
Gemeinsam mit den Älteren werdet Ihr das Heutige bewahren und festigen, um das Künftige - den Kommunismus - zu erringen. (Immer diese Heilsversprechungen.) Für diese Zukunft heißt es, sich zu wappnen, danach zu streben, Bahnbrecher für den wissenschaftlich-technischen Fortschritt, Streiter für Frieden und Sozialismus zu werden. (So wie die Kinder des Kapitalismus, die californischen Hippies.)
Dieses Buch, das Euch heute aus feierlichem Anlaß überreicht wurde, soll Euch ein Ratgeber und Begleiter in den nächsten Lebensjahren sein.
:::Ende:::
btw, der Beitrag soll in keinster Weise den Nationalsozialismus relativierend sein, auch wenn realsozialistische Militärparaden und Fackelumzüge nicht so mein Style sind. Und Lächerliches an der real-existenden DDR aufzuzeigen ist auch nicht grad ne intellektuelle Leistung, aber es macht Spass....
np: shitmat - ellesse warrior 3
Nachfolgend das von einem Zeitzeugen kommentierte (alle Kommentare in Klammern und kursiv (k) )Vorwort aus *Vom Sinn Unseres Lebens*,Zentraler Ausschuß für Jugendweihe in der Deutschen Demokratischen Republik (Hrg.), Verlag Neues Leben, Berlin 1983. Um uns dem Vorwurf des tendenziösen zitierens zu entziehen, haben wir den gesamten Text kopiert.
:::Anfang:::
Liebe junge Freunde!
Zur Jugendweihe spreche ich Euch und Euren Eltern die herzlichsten Glückwünsche aus. Dieser festliche Tag ist einmalig und nicht wiederholbar. Er wird Euch sicher unvergessen bleiben.
Mit der Jugendweihe setzen wir in der Deutschen Demokratischen Republik eine schöne Tradition der revolutionären deutschen Arbeiterbewegung fort. Ende des 19. Jahrhunderts fanden in wichtigen Zentren der revolutionären Arbeiterbewegung die ersten Jugendweihen und proletatischen Schulentlassungen statt. Zu denen, die sie als junge Menschen erlebten, gehörte der hervorragende Führer der deutschen Arbeiterklasse, Ernst Thälmann.
(Man beachte hier die ständige Wiederholung von Schlüsselwörtern.)
Noch hinter Zuchthausgittern des Faschismus erinnerte er sich an die eindrucksvollen Stunden des Jahres 1900 in Hamburg: "Der große Saal war brechend voll. Ich staunte, und ich war begeistert. Alles nur Jugendliche von meinem Alter. Was für eine Masse, welches Feuer, welches Temperament, welche Begeisterung ... Der Gesang der Tausende, welch eine Wirkung, welch eine Freude ... Dann kam für mich das große Erlebnis. Der Redner des Tages erscheint ..., spricht von der Bedeutung der vor uns liegenden Jugendjahre ..., Euer Leben beginnt ernster zu werden, einzeln seid ihr nichts, geschlossen und vereint seid ihr alles! ... Werdet Mitstreiter und Mitkämpfer für Wahrheit und Recht, für die heilige Sache des Sozialismus!"
(War Thälmann bei einer von Riefenstahl choreografierten Hitlerrede? Haben die planenden Deppen uns 1984 immer noch für genauso propagandaanfällig gehalten, wie sie selbst einst waren? Bemerkenswert auch, das die kirchenfeindlichen Puritaner die *heilige Sache des Sozialismus* nicht wegzensieren liessen, gut, die allgemein verbindliche Jugendweihe sollte einen Ersatz für christliche Kommunion darstellen, mensch braucht halt Rituale.)
Heute feiert mit Euch unser ganzes Volk den Eintritt in die Welt und die Verantwortung der Erwachsenen, umgibt es Euch mit jener Aufmerksamkeit und Fürsorge, die unserer Gesellschaft wesenseigen sind. (Stasi?) Das Leben, das Euch erwartet, unterscheidet sich nicht grundlegend vom bisherigen, wird jedoch, sicher nicht von heute auf morgen, neue Freuden, neuartige Aufgaben und Probleme mit sich bringen.
(Sollte das jetzt Hoffnung vermittelnd oder Warnung sein?)
Unser Volk weiß es hoch zu würdigen, daß Ihr Euch in eurem Gelöbnis (*ja, das glooben wir*) verpflichtet, getreu der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik für die große und edle Sache des Sozialismus zu arbeiten und zu kämpfen, das revolutionäre Erbe unseres Volkes in Ehren zu halten, die Freundschaft zur Sowjetunion zu pflegen und die hart erkämpften Errungenschaften gegen jeden imperialistischen Angriff zu verteidigen.
Es ist ein großes Glück, daß Ihr im Frieden geboren und aufgewachsen seid. Krise und Krieg, Not, Hunger und Verwüstungen mußtet Ihr nicht am eigenen Leib verspüren. Aber noch sind die drohenden Wolken der Kriegsgefahr nicht verschwunden, ist der weltweite Kampf um den Frieden nicht bis zu Ende ausgefochten. Er braucht den Einsatz jedes einzelnen.
Ihr habt gelobt, nach hoher Bildung und Kultur zu streben, Meister Eures Faches zu werden, unentwegt zu lernen und all euer Wissen und Können für die Verwirklichung unserer großen humanistischen Ideale einzusetzen. Ihr könnt es in der Gewissheit tun, daß unser Land Euch dazu alle Möglichkeiten bietet. (Wie dem Wolf Biermann, z.B.) Von jedem sollten sie klug genutzt werden. (Aufforderung zum Appeasement?) Eine erste große Bewährungsprobe liegt in den nächsten Jahren vor Euch: der erfolgreiche Abschluß der zehnklassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule.
Anforderungen an die eigene Persönlichkeit sind mit dem Versprechen verbunden, stets kameradschaftlich zusammenzuarbeiten, Euch gegenseitig zu achten und zu helfen, das persönliche Glück immer mit dem Kampf um das Glück des Volkes zu verbinden, Eure Eltern und Lehrer, die Freunde der Freien Deutschen Jugend und die Paten aus den Betrieben werden Euch dabei mit Rat und Tat zur Seite stehen. Von den Erfahrungen, die sie an Euch weitergeben, legen wir Euch vor allem eine ans Herz: Fleiß und Wissen, nützliche Tat und Opferbereitschaft sowie unwandelbare Treue zum Sozialismus haben unser Land vorwärtsgebracht und werden es auch in Zukunft weiter voranbringen.
(Ersetzt man *zum Sozialismus* mit *zu Deutschland* findet man sich in der derzeit angesagten Standortdebatte.)
Gemeinsam mit den Älteren werdet Ihr das Heutige bewahren und festigen, um das Künftige - den Kommunismus - zu erringen. (Immer diese Heilsversprechungen.) Für diese Zukunft heißt es, sich zu wappnen, danach zu streben, Bahnbrecher für den wissenschaftlich-technischen Fortschritt, Streiter für Frieden und Sozialismus zu werden. (So wie die Kinder des Kapitalismus, die californischen Hippies.)
Dieses Buch, das Euch heute aus feierlichem Anlaß überreicht wurde, soll Euch ein Ratgeber und Begleiter in den nächsten Lebensjahren sein.
:::Ende:::
btw, der Beitrag soll in keinster Weise den Nationalsozialismus relativierend sein, auch wenn realsozialistische Militärparaden und Fackelumzüge nicht so mein Style sind. Und Lächerliches an der real-existenden DDR aufzuzeigen ist auch nicht grad ne intellektuelle Leistung, aber es macht Spass....
np: shitmat - ellesse warrior 3
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