Friday, March 31, 2006

kündigungsschutz abschaffen !

Meinung:

Ähnlich wie in Frankreich wird es auch in der BRD zu einem weiteren Abbau, ich meine natürlich einer Neuregulierung des Kündigungsschutzes kommen. Zum Leidwesen der Anzeigenkunden des Handelsblattes wird diese vorläufig allem Anschein nach nur wie im Koalitionsvertrag der derzeitigen bundesdeutschen Regierung vereinbart durchgeführt.

Dabei ist gegen einen vollständigen Verzicht auf Kündigungsschutz für abhängig Beschäftigte gar nichts grundsätzliches einzuwenden. Längst nicht jeder Beschäftigte ist ohne weiteres beliebig austauschbar, Bewerberauslese und Einarbeitung sind mit Kosten verbunden.

Da nun aber von einer Abschaffung des Kündigungsschutzes Beschäftigungsverhältnisse betroffen sind, auf die obige Einschränkungen nur in geringem Ausmaß zutreffen, muss die Abschaffung an (mindestens) zwei Bedingungen geknüpft werden.

1. Ein "offener Arbeitsmarkt". Wirtschaft, und somit auch der so genannte Arbeitsmarkt, als wesentlicher Bestandteil (wenn nicht der Wesentlichste) der sozialen Lebensrealität funktioniert maßgeblich über persönliche Beziehungen und Küngeleien (früher nannte man das Vitamin B, heute redet man lieber von persönlichen Netzwerken) zur Vorteilsnahme der eigenen peer-group. Dies wirkt sich zum Einen kostensenkend aus, zum Anderen neigen Menschen als soziale Wesen, die um begrenzte Ressourcen konkurrieren, dazu, in- und out-groups zu bilden. Die peer-groups werden halt nur kleiner, je weniger verteilt werden kann. Ich verzichte an dieser Stelle mal auf eine grundsätzliche Kapitalismuskritik, die den Verteilungsspielraum aus einer anderen Perspektive betrachtet.

Natürlich spielt auch im "Vorzeigearbeitsmarkt" USA das networking eine entscheidende Rolle. Trotzdem scheinen die Markteintrittsbarrieren niedriger zu sein als in der BRD. Eine vergleichende Studie zum Thema Langzeitarbeitslosigkeit gibt´s in diesem aPuZ Heft. (btw auch ganz gut, das heft.)

Solange man in der BRD den Eindruck hat, den abhängig Beschäftigten wird abverlangt, ihre Seele an die Arbeitsstätte zu verkaufen und Lohnarbeit als Selbstverwirklichung anzusehen, anstatt ihnen zuzugestehen, Erwerbsarbeit als das zu sehen was sie ist, nämlich Erwerbsarbeit und zudem Zeiten der Arbeitslosigkeit die Betroffenen stigmatisieren werden "marktradikale Reformen" allein dazu dienen, die Lohnkosten weiter zu senken. An dieser Stelle verzichte ich auf Ausführungen zur von mir tendenziell positiv bewerteten intensivierten internationalen Arbeitsteilung (i.e. Globalisierung).

Zugegeben, politisch verordnen lässt sich ein "offener Arbeitsmarkt" nicht.

2. Der Arbeitsmarkt ist kein neoklassischer Markt. Den gibt es, nebenbei gesagt, in der Realität wenn überhaupt nur als seltene Ausnahme. (Anm.: Kennt man die Einschränkungen volkswirtschaftlicher Modelle stellen diese dennoch brauchbare Analysewerkzeuge dar - aber das ist ein anderer tread)

Die menschliche Arbeitskraft muss täglich reproduziert (nicht ganz so sachlich: wiederhergestellt) werden. Man kann sie nicht wie andere Güter relativ billig lagern, bis sie zu einem beliebigen Preis nachgefragt wird. Wie auf jedem anderen Markt stellen die Produktions- bzw. Reproduktionskosten die langfristige Preisuntergrenze dar. Verkauft man eine Ware, als solche ist in Anlehnung an Karl Marx auch die Arbeitskraft zu betrachten, unter diesen Kosten (ihrem Wert) oder auch gar nicht, muss sie bezuschusst werden (Aufbrauchen von Ersparnissen, sozialstaatliche Umverteilung). Ich nenne diese Preisuntergrenze soziale Grenzkosten, um auch die nicht rein materielle Reproduktion erfassen zu können. Diese sozialen Grenzkosten hängen stark von der gesellschaftlichen Entwicklungsstufe (kulturwissenschaftlich, nicht explizit marxistisch) ab, und können durch technischen Fortschritt (unter kapitalistischem Vorzeichen in Verbindung mit nennenswerter Konkurrenz) auch sinken. (Stichwort ALDI)

Deswegen muss jeder, der sich eine "Flexibilisierung des Arbeitsmarktes" wünscht, den Anspruch auf eine restriktionsfreie, reproduktionsfeste Existenzsicherung anerkennen. Die endlos flexible, ständig lernende Arbeitskraft im Dauerpraktikantenarbeitsverhältnis gibt es nicht ohne eine solche (und vielleicht klappt´s dann auch wieder mit dem Kinderkriegen). Man kann natürlich darüber streiten (z.B. hier beim netzwerk grundeinkommen), wie so eine Grundsicherung im Detail gestaltet werden sollte. (nebenbei, ich bin kein fan von g. werner)

Dem Einwand, die vorhandene Lohnarbeit sei vielmehr besser zu verteilen, setze ich entgegen, dass gesellschaftlich notwendige Arbeit nicht nur Lohnarbeit ist. Zudem können Arbeitszeitverkürzungen auch bei vorhandenem Grundeinkommen durchgesetzt werden, beide Forderungen schliessen sich nicht gegenseitig aus.

Die Kritik, ein solches Grundeinkommen würde die revolutionäre Kraft der auf abhängige Beschäftigung Angewiesenen schwächen, lasse ich gelten. Sie trifft auch auf gewerkschaftliche und sozialdemokratische Befriedung zu. Nur wo versteckt sie sich, diese revolutionäre Kraft?

Im Gegensatz zum repressiven Kombilohn sehe ich in einem bedingungslosen Grundeinkommen aus emanzipatorischer Sicht einen Fortschritt. Vielleicht nur einen kleinen, die antagonistischen Widersprüche der kapitalistischen Produktionsweise werden nicht aufgelöst, klar, aber ein gesellschaftlicher Fortschritt, das wär´s schon.

(Anm.: Ich überleg grad, ob das unentgeltliche Verfassen dieses Beitrags Arbeit oder reproduktionsrelevantes Freizeitvergnügen war...)

demnäxt kommen auch mal movie-flashs (check threat !!!) und ne personal top ten album chart... so stay tuned


np: slipknot - get this - in repeat mode :)

Thursday, March 30, 2006

puritan dust

Ich bin ja schon immer der Meinung, die individuelle biologische Uhr (und nicht nur die) ist mit einer puritanischen Arbeitsethik (nach Max Weber) ohne massive psychische Schäden nicht vereinbar. Heute wurde ein weiterer Indikator dafür bekannt gemacht: Groggy mornings fuel desire to smoke.

Die Herrichtung der Individuen zu wirtschaftlich verwertbaren Automaten wird post-pisa verstärkt weitergehen, but we don´t need a revolution.

Da fällt mir ein: Ich fing pünktlich mit meinem Eintritt ins Arbeitsleben mit dem Rauchen an.


np: emmerich´s independence day - just stfu fuckers - changed to slipknot (2k)

Wednesday, March 29, 2006

binge drinking und völkerverständigung

Für Wladimir, laut spiegel-online "Manager einer slowakischen Firma" sind saufende britische Junggesellen "häufig sehr laut und immer ziemlich ungesittet." Da engagiert sich der britische Reiseveranstalter pissup (hat jmd. nen link zu denen?), was laut dem hier a big drinking session bedeutet, für den touristischen Aufschwung einer Region, und erntet prompt Undank dafür. Dabei sollte man meinen, dass gerade die Jahrhunderte alte Trinkkultur der europäischen Völker ein die gemeinsame europäische Identität konstituierendes Merkmal ist.

Das örtliche slowakische Fremdenverkehrsamt blieb, nachdem es den Trend zum Sauftourismus erkannte, nicht untätig. Abgeschreckt durch die einschlägigen Erfahrungen der Ferieninsel Mallorca (beispielhaft) beauftragte man gegen den Widerstand der örtlichen Gastronomie- und Rotlichtszene den Regisseur Eli Roth den (wie fast jeder Horrorfilm auf einer wahren Begebenheit beruhenden) Shocker Hostel zu realisieren.

Sollte etwa der afp-Bericht der dem spiegel-online Artikel zu Grunde liegt nur eine Marketingmaßnahme zum Film sein, damit die längst hoffnungslos überalterte deutsche Bevölkerung versteht, was diese jugendlichen nichtdeutschen Protagonisten ohne nostalgischen Bezug veranlasst nach Mitteleuropa zu reisen? Oder will man nur ein Gegenbild entwerfen, um eben diese potentiellen Nostalgiebesucher nicht abzuschrecken?

Wie auch immer, für die Briten sind die saufenden Junggesellen das kleinere Problem. Laut einer hier von der bbc bekanntgemachten Studie saufen weibliche Early-20s auf der Insel mehr als ihre männlichen Mitstreiter, und entwickeln Krankheitsbilder, die ihre Vorgängerinnen erst mit 60 oder 70 Jahren kennen lernten. Auch in der BRD ist binge-drinking, so der subjektive Eindruck, längst Bestandteil der jugendlichen Alltagskultur. Und den Skandinaviern haftet das Image der trinkfreudigen Zeitgenossen eh seit der Wikingerzeit an. Und Koks? Ok auch. (Wir sind schließlich alle Selbstvermarkter, i.e. yuppies)

Ob diese Generation den demographischen Wandel einleiten und somit den Untergang des europäischen Kulturvolkes verhindern kann? (Hinzu kommt die erschreckende Tatsache, dass sie - Skandal - den identitätsstiftenden Werken der europäischen Hochkultur (z.B. Bach und Mozart) zum überwiegenden Teil nichts abgewinnen kann und lieber der profanen U-Musik süsser schreiender Altersgenossen oder maskierter Sprücheklopfer lauscht.)

Während die Franzosen der Generation U (wie Unsicherheit) noch auf die Straße gehen (und uns Münte 68er geschult wohl deswegen zum Rückzug bläst), haben sich ihre europäischen Kulturgenossen, so scheint´s, längst auf´s binge-drinking als adäquate Widerstandsform gegen die gesellschaftlichen Zumutungen verständigt.

Immerhin besser als die Ablehnung der herrschenden bürgerlichen Verhältnisse gar nicht auszudrücken...


np: acid mothers temple

Tuesday, March 28, 2006

booo

Da dachten die ehrenwerten Spürnasen für negative Unternehmensmeldungen der BooCompany sie hätten einen dicken "Boo" gelandet, indem sie den Videoblog ehrensenf der Schleichwerbung überführten (Sendung hier, Enthüllung hier), was bei der gesellschaftlichen Bedeutung des Internet-Nachrichten-Kanals leicht zum mittelschweren Skandal hätte werden können.

Doch die ehrensenf-crew reagierte prompt mit einem Schuldeingeständnis, immer ein gutes Mittel, um eine Sache im Sande verlaufen zu lassen. Das hat ja auch für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft im Falle Marienhof gut funktioniert.

Angriff ist die beste Verteidigung (ein Motto, dem auch die deutsche Aussenpolitik wieder mehr abgewinnen kann), dachten die Extra-Scharfen und traten gleich noch nach, indem sie subtil auf das vielleicht nicht ganz ernst gemeinte Geschäftsmodell der dotcomtod-Nachfolger anspielten. (Anm.: die BooCompany bekennt sich offen dazu, dass sie die Idee eines weltberühmten Pixelmillionärs gnadenlos kopiert, bisher mit mäßigem Erfolg.)

Ich wette bei der BooCompany wartet man jetzt fieberhaft darauf, endlich das Scheitern von ehrensenf, im Boo-Jargon das "final", melden zu können.

Es bleibt spannend...

Ich mach dann auch mal Werbung (nach der ganzen kostenlosen Schleichwerbung in obigem Text), damit gleich klar ist, wozu dieses blog entstanden ist. Den Auslöser der Aufregung, den covermover, find ich als Vinylfetischist reichlich blöd, ich empfehle transparente LP-Aussenhüllen, die gibt´s in jedem besseren Plattenladen für ca. 30 Cent, in Verbindung mit vier Reisszwecken. (Foto folgt)

Ein vollständiges Set inklusive mehrsprachiger Montageanleitung kann bei mir zum Stückpreis von 12,99 Euro zzgl. Versandkostenpauschale bestellt werden, ohne LP-Cover versteht sich.